NachrichtenDeutschland vor dem Energie-Dilemma: Atom-Rückkehr oder teuer zahlen?

Deutschland vor dem Energie-Dilemma: Atom-Rückkehr oder teuer zahlen?

Genau zwei Jahre sind vergangen, seit die letzten Atomreaktoren Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 in Deutschland abgeschaltet wurden. Obwohl es in der CDU/CSU viele Befürworter der Atomenergie gibt, wäre eine Rückkehr zur Kernenergie schwierig.

Die CDU-Führer Friedrich Merz und CSU Markus Söder gehörten zu den Befürwortern der Rückkehr zur Kernenergie.
Die CDU-Führer Friedrich Merz und CSU Markus Söder gehörten zu den Befürwortern der Rückkehr zur Kernenergie.
Bildquelle: © Getty Images | Getty Images

Am 15. April 2023 endete der seit zwei Jahrzehnten andauernde "nuclear exit". Auf Beschluss der Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz wurden die letzten drei Atomkraftwerke geschlossen: das bayerische Isar II, das niedersächsische Emsland und Neckarwestheim II in Baden-Württemberg. Weder der Krieg in der Ukraine, noch die Energiekrise, noch die Proteste und Warnungen von Energieexperten konnten diese politische Entscheidung verhindern.

Die Auswirkungen waren schnell sichtbar, da schon in den ersten Tagen Energie aus Frankreich importiert werden musste. Der Verlust von 4,3 Gigawatt (GW) Leistung wurde durch emissionsreiche Kohlekraftwerke und deutlich teurere Gaskraftwerke ausgeglichen. Diese stabilisieren heute das System, das sich auf erneuerbare Energien stützt, ein zentraler Bestandteil der deutschen Energiewende.

Ein "totes Pferd" wiederbeleben

Seit dem Ausschluss der Atomkraft aus dem deutschen Energiemix ist das Thema nicht verschwunden. Obwohl Olaf Scholz die Atomtechnologie als "totes Pferd" bezeichnete und den Beginn des Reaktorenabbaus anordnete, haben einige CDU/CSU-Politiker das Thema nicht aufgegeben.

Anfang April 2025 veröffentlichte die Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" ein Dokument, das von Mitgliedern der Unionsfraktion (CDU/CSU) ausgearbeitet wurde und eine Rückkehr zur Kernkraft fordert.

Der Plan sieht die Wiederinbetriebnahme von sechs geschlossenen Atomkraftwerken vor. Bevor dies möglich wäre, müssten der Demontageprozess sofort gestoppt und der Stand der Demontage überprüft werden. Der Bericht empfiehlt zudem, dass der Staat unabhängige Institutionen beauftragt, um zu prüfen, ob eine Wiederinbetriebnahme technisch, finanziell und organisatorisch machbar ist.

Kritiker des "nuclear exit" verweisen darauf, dass während ganz Europa zur Atomkraft zurückkehrt, um die hohen Energiekosten zu bekämpfen, Friedrich Merz, der potenzielle zukünftige Kanzler und CDU-Vorsitzende, sowie der CSU-Chef Markus Söder, der vor zwei Jahren den "bayerischen Atom-Putsch" organisierte, eine wichtige Rolle spielen. Beide Politiker halten den Ausstieg aus der Kernenergie für einen historischen Fehler Deutschlands.

Problematisch ist, dass die CDU/CSU trotz des Wahlsiegs gezwungen war, mit der SPD eine stabile Koalition einzugehen, was bedeutet, dass sie sich mit einer Partei verständigen mussten, für die das Atomzeitalter bereits Vergangenheit war. Folglich fand das Thema einer möglichen Rückkehr zur Atomkraft keinen Platz im Koalitionsvertrag vom 9. April 2025.

Merz selbst gab im November letzten Jahres gegenüber "Die Welt" zu, dass es für eine Rückkehr zur Atomkraft schon zu spät sein könnte. Zusätzlich argumentierte Markus Krebber, der Chef des Energiekonzerns RWE, dass es kein Personal mehr gebe, das in solchen Kraftwerken arbeiten könne, und dass der Abbauprozess bereits weit fortgeschritten sei.

Die Autoren des Dokuments, das Anfang April vom "Handelsblatt" vorgestellt wurde, stehen den Argumenten von RWE skeptisch gegenüber. Sie argumentieren, dass eine unabhängige Überprüfung erforderlich sei, und wenn diese zeigt, dass eine weitere Nutzung technisch möglich und wirtschaftlich tragfähig ist, werden die Betreiber aufgefordert, Stellung zu dieser Frage zu nehmen.

Kostspieliger Fehler der Deutschen

Die Internationale Energieagentur (IEA) veröffentlichte am 16. Januar dieses Jahres einen Bericht, in dem sie direkt vom Wiederaufleben der kernkraftbasierten Energie spricht. Laut Bericht haben die Nuklearanlagen Ende 2024 mehr Energie erzeugt als je zuvor in der Geschichte.

Der Chef der IEA, Fatih Birol, betonte im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeine Zeitung", dass es ein neues Zeitalter der Kernenergie gibt und Deutschland zweifellos einen Fehler machte, als es auf die stabile Energiequelle verzichtete. Zu dieser Zeit haben über 40 Länder intensive Maßnahmen ergriffen, um in konventionelle Kernkraftwerke und SMRs, also kleine Kernreaktoren, zu investieren.

Zur Erinnerung: Im Jahr 2023 machte die Kernenergie 5 % des deutschen Energiemixes aus. Früher deckte die Kernenergie fast ein Drittel des Strombedarfs des Landes, und Unternehmen waren nicht nur Produzenten, sondern auch Exporteure von Nukleartechnologien.

Wie kostspielig war der Verzicht auf Atomkraft? Laut einer im Jahr 2024 von dem norwegischen Forscher Jan Emblemsvag von der Norwegian University of Science and Technology präsentierten Berechnung belaufen sich die Ausgaben des Landes für die Energiewende über zwei Jahrzehnte auf 696 Mrd. Euro. Seiner Meinung nach hätten wir 332 Mrd. Euro gespart, wenn wir bei der Atomkraft geblieben wären.

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