Grenzkontrollen länger: Scholz riskiert Konflikt mit Polen
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hat angekündigt, die vorübergehenden Kontrollen an den Landgrenzen seines Landes angesichts des anhaltenden Zustroms illegaler Migranten länger beizubehalten. Die polnische Regierung lehnt die Verletzung des Schengen-Raums durch Berlin ab.
09.10.2024 13:57
"Wir machen das so lange, wie das geht. Und das wird sehr lange sein" - betonte der deutsche Regierungschef im Fernsehen bei RTL.
Scholz räumte gleichzeitig im Gespräch am Dienstagabend ein, dass Grenzkontrollen derzeit Probleme bereiten.
Die Verschärfung der Kontrollen an den deutschen Grenzen hatte Donald Tusk vor einem Monat kritisiert und sie als "inakzeptabel" bezeichnet. - Das ist de facto eine großflächige Aussetzung des Schengen-Raums - betonte der polnische Regierungschef.
Am 16. September begannen die Kontrollen an den Landgrenzen der Bundesrepublik Deutschland mit Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Dänemark, angeordnet von der deutschen Innenministerin Nancy Faeser.
Ähnliche Kontrollen gelten seit dem 16. Oktober 2023 an den Grenzen zu Österreich, Polen, der Schweiz und Tschechien. Ihr Ziel ist es unter anderem, grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen und illegale Migration einzuschränken.
Innerhalb von zwei Wochen nach Beginn dieser Kontrollen registrierte die Bundespolizei 2.448 unbefugte Einreisen. 1.546 Personen wurden nach illegalem Grenzübertritt zurückgewiesen. Der Grund für die Entscheidung des deutschen Innenministeriums, vorübergehende Kontrollen an den Landgrenzen des Landes einzuführen, war unter anderem der Messerangriff in Solingen Ende August, zu dem sich der Islamische Staat bekannte. Ein 26-jähriger Syrer tötete drei Menschen und verletzte acht schwer.
Kontrollen an den Grenzen: Experten warnen Deutschland
Die verlängerten Kontrollen an den Grenzen Deutschlands könnten zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen, die über eine Milliarde Euro pro Jahr hinausgehen. Experten von Allianz Trade warnen, dass solche Maßnahmen nicht nur die deutsche Wirtschaft, sondern auch die Nachbarländer negativ beeinflussen könnten.
Laut Expertenmeinung könnte die Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Deutschland zu erheblichen Verzögerungen im Transport führen. Analysten prognostizieren, dass sich die Zeit für das Überqueren von Grenzübergängen im Schengen-Raum um bis zu 20 Minuten verlängern könnte. Unter normalen Bedingungen, so der Bericht, dauert der Grenzübertritt durchschnittlich 3,34 Minuten.
Wie in der Analyse zu lesen ist, werden die daraus resultierenden höheren Transportkosten wahrscheinlich zu einem Rückgang des deutschen Warenimports um 9,1 % führen und auch die Nachfrage nach Dienstleistungen um 7,8 % sinken lassen, was insgesamt zu 1,1 Milliarden Euro pro Jahr führt.
Der Bericht weist darauf hin, dass die Sektoren Tourismus und Bildung am stärksten betroffen sein werden, mit einem erwarteten Anstieg der Kosten um 3,5 %. Dicht dahinter liegen der Lebensmittelsektor mit einem erwarteten Anstieg von 2,6 % und der Handel mit einem Anstieg der Kosten um 2,4 %.