NachrichtenHelferin im KZ Stutthof: Gericht lehnt 99-Jährige Berufung ab

Helferin im KZ Stutthof: Gericht lehnt 99‑Jährige Berufung ab

Irmgard Furchner während der Verhandlung vor zwei Jahren.
Irmgard Furchner während der Verhandlung vor zwei Jahren.
Bildquelle: © PAP | Christian Charisius
Mateusz Kaluga

20.08.2024 22:03

Die 99-jährige Irmgard Furchner verbleibt im Gefängnis. Ein deutsches Gericht hat ihre Berufung auf vorzeitige Entlassung abgelehnt. Die Frau wurde wegen Beihilfe bei der Begehung von über 10.000 Morden im nationalsozialistischen Konzentrationslager in Stutthof während des Zweiten Weltkriegs verurteilt. Im Lager arbeitete sie als Sekretärin.

Laut der Agentur AP News hat der Bundesgerichtshof das Urteil gegen Irmgard Furchner im Dezember 2022 durch das Landgericht Itzehoe auf eine zweijährige Haftstrafe auf Bewährung bestätigt.

Die 99-Jährige wurde beschuldigt, Teil des Apparats gewesen zu sein, der das Lager in Stutthof, etwa 40 km von Danzig entfernt, am Laufen hielt. Sie wurde wegen Beihilfe zum Mord in 10.505 Fällen und Beihilfe zum versuchten Mord in fünf Fällen verurteilt.

Das Portal Deutsche Welle fügt hinzu, dass die Frau im Alter von 18 bis 19 Jahren im Lager gearbeitet hatte. Sie wurde als Sekretärin und Stenotypistin in der Verwaltung des Konzentrationslagers zwischen 1943 und 1945 angestellt. Ihre Verteidiger forderten einen Freispruch, da laut Aussagen der Anwälte nicht bewiesen werden könne, dass die 99-Jährige von den systematischen Morden im Lager wusste.

Dieser Antrag wurde vom Bundesgerichtshof abgelehnt. Richterin Gabriele Cirener erklärte, dass obwohl Irmgard Furchner nicht die Haupttäterin war, sie dennoch schuldig sei. Die Frau arbeitete nämlich freiwillig als Sekretärin des Lagerkommandanten und schrieb zahlreiche interne Lagerbriefe sowie Anweisungen vom Kommandanten auf der Schreibmaschine - berichtet das Portal dw.com.pl.
Für Holocaust-Überlebende ist es äußerst wichtig, den Versuch zu unternehmen, eine spätere Form der Gerechtigkeit zu erreichen - zitiert AP News die Erklärung von Josef Schuster, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden. - Das Rechtssystem hat eine wichtige Botschaft gesendet - auch 80 Jahre nach dem Holocaust kann man keine Grenze für nationalsozialistische Verbrechen ziehen.

Das Lager in Stutthof in Pommern war vom 2. September 1939 bis zum 9. Mai 1945 in Betrieb. Es war das erste und am längsten existierende deutsche Lager in Polen. In dieser Zeit durchliefen etwa 110.000 Gefangene aus 28 Ländern das Lager. Unter ihnen stellten die Juden die zahlreichste nationale Gruppe. Die größten nationalen Gruppen stellten dagegen nacheinander Polen, Bürger der Sowjetunion, Ungarn und Deutsche. Schätzungsweise etwa 65.000 Gefangene starben aufgrund von Krankheiten, harter Arbeit, körperlicher Misshandlung und Unterernährung.

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