Kanzler Olaf Scholz verliert das Vertrauensvotum: Deutsche Medien kommentieren
Am Montag, hat der Bundestag dem Kanzler Olaf Scholz das Vertrauen nicht ausgesprochen. Dies ist der vierte derartige Fall in der Geschichte des Nachkriegsdeutschlands. Was bedeutet das für das Land? Die deutschen Medien kommentieren.
Die Regierung von Olaf Scholz hat die Mehrheit im Parlament verloren. Am Montag verweigerte der Bundestag ihm das Vertrauen. Nur 207 Abgeordnete stimmten für das Vertrauensvotum, 394 dagegen, während sich 116 der Stimmen enthielten.
Diese Entscheidung kam nicht überraschend. Selbst Olaf Scholz war sich der bevorstehenden Niederlage bewusst. Er stellte den Antrag auf ein Vertrauensvotum. Er wusste, dass er verlieren würde, doch auf diese Weise konnte er den Wahltermin vorziehen. Statt im September sollen die Wahlen nun bereits am 23. Februar 2025 stattfinden.
Wie der "Spiegel" berichtet, wird die Auflösung des Bundestages als offizielles Signal für den Beginn des Wahlkampfs gewertet. Die "Deutsche Welle" bezeichnet den Verlust des Vertrauensvotums als einen "Weg zu Neuwahlen offen".
Der "Spiegel" schreibt: "Die Debatte vor der Abstimmung war schon vom Wahlkampf bestimmt. Scholz nutzte seine Rede für eine harte Attacke gegen die FDP. (...) Mit der Vertrauensfrage selbst beschäftigte sich Scholz in seiner knapp 30-minütigen Rede nur kurz.(...) Den größten Teil seiner knapp halbstündigen Rede nutzte Scholz dann auch dafür zu erläutern, mit welchem Programm er die Wähler überzeugen will, für die SPD zu stimmen".
Eine ähnliche Einschätzung trifft die "Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Der Kanzler wollte die Vertrauensfrage verlieren, aber nicht als Verlierer vom Platz gehen. Deshalb hat er vor der Abstimmung nicht nur eine positive Bilanz seiner Regierungszeit gezogen und (...) Allerlei für den Fall seiner Wiederwahl versprochen, sondern auch nicht mit Vorwürfen an die Adresse der 'Saboteure' von der FDP gespart."
Auch "Zeit" hebt die dominierende Rolle der Kampagne während der Debatte hervor. "Vor der Abstimmung hatten sich die Abgeordneten einen Schlagabtausch im Plenum über die Bilanz der Regierung Scholz geliefert, Wahlkampfrhetorik prägte die Debatte. Scholz begründete den Wunsch nach Neuwahlen damit, dass die Ampelkoalition insbesondere wegen des Auftretens der FDP nicht mehr in der Lage gewesen sei, die nötigen Entscheidungen zu treffen".
Obwohl Scholz vorgeworfen wird, das Land in den Abgrund geführt zu haben, sieht der Kanzler selbst keinen Grund zur Kritik. Wie "Bild" schreibt: "Und Scholz? Gibt keinen einzigen Fehler zu. Er richtet seine Vertrauensfrage sogar ausdrücklich 'an die Wählerinnen und Wähler', um dann Punkt für Punkt das noch nicht mal beschlossene Wahlprogramm seiner Genossen vorzutragen".
Der "Kölner Stadt-Anzeiger" meint, dass sich Deutschland in der Zeit bis zur Wahl auf eine noch stärkere Polarisierung als bisher einstellen muss.
Auch die "Welt" bewertet die Situation nicht optimistisch. "Zuletzt die Mahnung: 'Mit Neuwahlen wird nicht, schnipps, sofort alles besser.' Die nächste Bundesregierung werde es nicht leicht haben, alle Akteure würden über ihren Schatten springen müssen. Olaf Scholz gelang das an diesem Tag im Bundestag erneut nicht."
Wie "Deutsche Welle" berichtet, erfolgt die Durchführung der Neuwahlen nach den gleichen Grundsätzen wie bei regulären Bundestagswahlen. Zuständig für die Organisation sind die Bundeswahlleitung und das Bundesministerium des Innern. Die Wähler erhalten zwei Stimmen: eine für einen Direktkandidaten und eine für die Landesliste einer Partei.
Quellen: Welt, Spiegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Kölner Stadt-Anzeiger, Bild, Zeit, Deutsche Welle