NachrichtenProteste in Tiflis: Demonstranten fordern politische Wende

Proteste in Tiflis: Demonstranten fordern politische Wende

Zum dritten Mal in Folge versammelten sich abends Tausende Menschen vor dem Parlament in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Die Menge wurde von einem Polizeikordon umringt, der mit mehreren Bussen vor Ort war. Das Parlamentsgebäude sowie eine Puppe des Oligarchen Bidsina Iwanischwili wurden in Brand gesteckt.

Protest vor dem Parlament
Protest vor dem Parlament
Bildquelle: © PAP | DAVID MDZINARISHVILI

Auf der Rustaweli-Allee hört man Pfiffe, und die Fassade des Parlaments ist von grünem Laserlicht erleuchtet. Die Personen in der Nähe schlagen rhythmisch auf die Bleche, die das Gebäude schützen, einige haben Fenster eingeschlagen.

Die Teilnehmer behaupten, dies sei die größte Versammlung in Tiflis seit Beginn der regierungskritischen Proteste nach den Parlamentswahlen am 26. Oktober.

Demonstranten zündeten unter anderem eine Puppe von Bidsina Iwanischwili an – einem Oligarchen, der die regierende Partei "Georgischer Traum" unterstützt und als der "wahre Herrscher" Georgiens gilt. Einige bezeichnen ihn sogar als "Eigentümer" des Landes, da sein Vermögen einst auf bis zu ein Drittel des BIP des Landes geschätzt wurde. Auch die Flagge des "Georgischen Traums" wurde verbrannt.

Demonstranten drangen ebenfalls in das Parlamentsgebäude ein und zündeten etwas an. Auf den Videos ist ein Feuer in einem der Räume zu sehen, allerdings ist unklar, wie ernst der Brand ist.

Protestierende errichteten auch Barrikaden, um der bewaffneten Polizei den Zugang zu verwehren. Die Demonstranten nennen sie "Robocops". Sie schlagen diese mit schweren Handschuhen.

Am Samstagabend fanden regierungskritische Proteste auch in anderen georgischen Städten statt, darunter Batumi, Ozurgeti, Lantschchuti, Gori, Zugdidi und Poti.

Großer Widerstand der Georgier

Am Donnerstag kündigte der Premierminister Georgiens, Irakli Kobachidse, überraschend an, dass Georgien die Gespräche über die Mitgliedschaft in der Europäischen Union bis 2028 aussetzt. Er erklärte: „Wir haben beschlossen, die Frage der Eröffnung von Gesprächen mit der EU bis Ende 2028 nicht zu behandeln. Auch auf alle EU-Haushaltszuschüsse verzichten wir bis Ende 2028.“

Diese unerwartete Erklärung schockierte die Georgier. Das Land stellte 2022 einen Antrag auf Mitgliedschaft und erhielt ein Jahr später den Kandidatenstatus. Seit einigen Tagen gibt es Proteste in Georgien.

Die Situation ereignete sich im Kontext der Zeit nach den Parlamentswahlen. Im Oktober siegte der "Georgische Traum" mit einer erdrückenden Mehrheit. Beobachter berichten jedoch zahlreich über Betrug. Präsidentin Salome Surabischwili reichte Beschwerde gegen die Anerkennung der Wahlen beim Verfassungsgericht ein.

Das Parlament begann jedoch bereits mit der Arbeit, was von vielen als Verfassungsbruch angesehen wird. Für Dezember ist die Wahl eines neuen Präsidenten vorgesehen – erstmals nicht durch allgemeine Wahlen, sondern durch ein Wahlkollegium, zu dem unter anderem Abgeordnete gehören.

Salome Surabischwili kündigte an, dass sie nicht zurücktreten wolle, da der Präsident von einem legalen Parlament gewählt werden sollte, und das derzeitige sei es nicht.

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