NachrichtenPutin fordert Waffenstillstand – Ukraine zögert vor Siegesparade

Putin fordert Waffenstillstand – Ukraine zögert vor Siegesparade

Wladimir Putin hat der Ukraine anlässlich des 80. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs einen Waffenstillstand vorgeschlagen. Präsident Wolodymyr Selenskyj entgegnete, dass es sich um einen "weiteren Versuch der Manipulation" handele. Vieles deutet darauf hin, dass die Ukrainer am 9. Mai die Feierlichkeiten stören könnten, die dem Kreml jahrelang als Machtdemonstration dienten. Russland plant, das Jubiläum in diesem Jahr besonders pompös zu feiern.

Seit dem Jahr 2000 sind die Paraden am 9. Mai das Steckenpferd von Wladimir Putin.
Seit dem Jahr 2000 sind die Paraden am 9. Mai das Steckenpferd von Wladimir Putin.
Bildquelle: © East News | Wojtek Laski

Der von Moskau vorgeschlagene Waffenstillstand soll von Mitternacht am 8. Mai bis Mitternacht am 11. Mai gelten. Putin berief sich dabei auf humanitäre Gründe, was im Kontext des seit über drei Jahren andauernden Krieges und der russischen Aktivitäten in der Ukraine nicht nur unglaubwürdig, sondern geradezu zynisch klingt.

Wir haben es mit einem weiteren Versuch der Manipulation zu tun. Warum sollte die ganze Welt bis zum 8. Mai warten, um das Feuer zu stoppen, nur um Putin während der Parade Ruhe zu gewähren? Wir schätzen das Leben der Menschen, nicht Paraden. Die Welt sieht keinen Grund, zu warten – sagte Selenskyj.

Obwohl die Antwort kein eindeutiges Ablehnen des Vorschlags ist, lässt sie Raum für Interpretationen. Es ist daher unklar, ob die traditionelle Parade auf dem Roten Platz – in Russland fast wie ein religiöses Fest behandelt – ungestört verlaufen wird.

Siegparaden – Symbol russischer Stärke

Die zentralen Feierlichkeiten finden in Moskau statt, doch auch in regionalen Städten und den Hauptstädten der Republiken sind Paraden geplant. Seit einigen Jahren haben diese ausschließlich einen Fußmarschcharakter. Insgesamt sind Paraden in 28 Städten geplant: in neun Städten mit dem Titel "Heldenstädte" und in 19 Städten, die Sitze der Militärdistrikte und Armeen sind.

Zu Zeiten der UdSSR hatten die Paraden auf dem Roten Platz hauptsächlich Schaucharakter – ihr Ziel war es, den Westen einzuschüchtern. Am 1. Mai (Tag der Arbeit) und am 7. November (Jahrestag der Oktoberrevolution) wurden die neusten, oft prototypischen militärischen Ausrüstungen präsentiert. Beispielsweise debütierte am 1. Mai 1947 das Passagierflugzeug Tu-70, und ein Jahr später der Bomber Tu-4 – die Kopie der amerikanischen B-29.

Erst ab 1965 begann die Parade anlässlich des 9. Mai als "Ausstellungssalon" der sowjetischen Militärtechnik zu dienen. Dennoch war sie kein jährliches Ereignis – erst ab dem Jahr 2000, als Putin an die Macht kam, wurde das Fest regelmäßig gefeiert. Seit 2008 erhielten die Paraden eine wahrhaft imperialistische Ausstrahlung. Jedes Jahr wurden neue Generationen von Raketen, Flugzeugen und Luftverteidigungssystemen gezeigt.

Im Jahr 2015 wurden erstmals Fahrzeuge der Armata-Familie gezeigt – der Panzer T-14 und der schwere Schützenpanzerwagen T-15. Auch die selbstfahrende Haubitze Koalition-SV, der Transporter Bumerang und der Kurganets-25 debütierten. In der Luft präsentierte sich der Su-57 – laut Kremls Darstellung der erste russische Jäger der fünften Generation.

Nach der Invasion – eine Parade ohne Pomp

Putins beliebtestes Fest hat seit 2022 an Bedeutung verloren. Die Invasion in der Ukraine legte die Schwächen der bis dahin als Propagandastolz geltenden Armee offen. Bei den Paraden fehlte schweres Gerät – in regionalen Städten wurde ganz auf das mechanisierte Element verzichtet. In den Jahren 2023–2024 war der einzige auf dem Roten Platz präsentierte Panzer der historische T-34-85. Ihm begleiteten Tigr-Fahrzeuge, einige wenige Transporter und mobile Raketenwerfer.

Der einzige nach 2022 gezeigte neue Ausrüstungsgegenstand war das chinesische Antidrohnensystem TX-FQ-01, das unter anderem auf der Plattform AliExpress erhältlich ist. Seine Anwesenheit sagt viel über den Zustand der russischen Rüstungsindustrie und die reale Angst vor ukrainischen Drohnen aus, die immer häufiger russische Städte angreifen.

In diesem Jahr werden wir sicherlich wieder T-34-85 der 4. Garde-Panzerdivision Kantemirowskaja sehen. Die Russen brachten sie 2019 aus Laos, um den 75. Jahrestag des Kriegsendes zu feiern.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass diesmal auch modernes Gerät zu sehen sein wird. Westliche Geheimdienste berichten seit Monaten, dass ein Teil der Produktion nicht an die Front geht, sondern im Land bleibt – möglicherweise mit Blick auf die Zapad-2025-Manöver im September, die in Belarus und im Westen Russlands geplant sind.

Propaganda versus Realität

Die diesjährige Parade wird – aufgrund des runden Jahrestages – besonders inszeniert. Für den Kreml ist es eine Gelegenheit, erneut die "Unbesiegbarkeit" der russischen Armee zu demonstrieren. Die offizielle Erzählung besagt, dass Russland erneut gegen den "Faschismus" kämpft – diesmal den ukrainischen.

Putin wird sicherlich ein Spektakel vorbereiten. Die einzige Frage ist, ob die Ukraine ihn feiern lässt. Bisher war Moskau eher ungestört, aber in den vergangenen Jahren haben Drohnenangriffe die Pläne des Kremls effektiv gestört. Im Jahr 2023 wurden wegen der Bedrohung Paraden in Belgorod, Kursk, Rostow am Don und Sewastopol abgesagt.

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