NachrichtenScholz: Syrer sollen Rückkehr abwägen, Experten skeptisch

Scholz: Syrer sollen Rückkehr abwägen, Experten skeptisch

Der Kanzler Scholz ist der Meinung, dass Flüchtlinge aus Syrien freiwillig in ihre Heimat zurückkehren können, wenn sich die Lage stabilisiert.

Scholz: Syrer sollen Rückkehr abwägen, Experten skeptisch
Bildquelle: © Getty Images | Anadolu Agency

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schätzt, dass die Rückkehr der syrischen Flüchtlinge in ihre Heimat derzeit verfrüht wäre. In dem Land herrscht trotz des Sturzes der Diktatur immer noch eine sehr gefährliche Situation, erklärte er am Dienstagabend in den ARD "Tagesthemen".

Wie er hinzufügte, müssen Deutschland und andere Länder alles tun, um ein demokratisch regiertes Land zu fördern, in dem Menschen verschiedener Religionen gut zusammenleben können. Scholz äußerte die Hoffnung, dass viele von ihnen, wenn alles gut verläuft, bereit sein werden, sich am Wiederaufbau ihres Landes zu beteiligen.

Syrer in Deutschland

Der Migrationsforscher der Universität Osnabrück, Professor Jochen Oltmer, hält dies jedoch für wenig wahrscheinlich, da viele Syrer ihre Zukunft in Deutschland sehen. Bislang haben Deutschland und einige andere EU-Länder nur die Annahme neuer Asylanträge von syrischen Bürgern ausgesetzt.

In Deutschland leben laut Angaben des Bundesministeriums des Innern fast eine Million Syrer. Sie wander­ten seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs ein, der 2011 mit dem Aufstand gegen das Regime von Baschar al-Assad begann. Der Höhepunkt der Flüchtlingswelle war im Jahr 2015. Bis Ende 2023 haben insgesamt über 160.000 Syrer die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, und bis 2024 wurden in Deutschland über 56.000 Kinder syrischer Flüchtlinge geboren.

Wird es keine Rückkehrwelle geben?

Der Experte aus Osnabrück erwartet keine Rückkehrwelle, obwohl er glaubt, dass es sicherlich einige geben wird, die bereit sind zurückzukehren, wenn sich die Lage in Syrien stabilisiert. Professor Oltmer betonte im Interview mit der "Augsburger Allgemeine", dass man dieser Zahl keine übermäßige Bedeutung beimessen sollte.

Er wies darauf hin, dass Flüchtlinge erfahrungsgemäß enge Verbindungen zur Gesellschaft des Aufnahmelandes aufbauen und erinnerte daran, dass zahlreiche Syrer in jungen Jahren, sei es als Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene, nach Deutschland gekommen sind. Sie besuchten hier Schulen, erhielten eine Ausbildung und sehen in Deutschland die Zukunft ihrer eigenen Kinder.

Laut dem Statistischen Bundesamt stellten syrische Staatsangehörige die größte Gruppe derjenigen dar, die im letzten Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft erhielten: 75.500 Personen. Das sind fast 40 Prozent der ca. 200.000 Einbürgerungen.

Professor Oltmer betonte, dass diese Menschen Deutschland als ihre neue Heimat sehen. Er ist überzeugt, dass syrische Flüchtlinge vollständig in die Gesellschaft integriert und ihre Talente gezielt gefördert werden sollten.

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