USA modernisieren Atomarsenal: Neue Raketen sollen Minuteman ersetzen
Russland, Nordkorea und China können die Welt mit modernen Langstreckenraketen bedrohen, die von Land aus abgefeuert werden. Gleichzeitig verfügen die Vereinigten Staaten nur über die alte, 50 Jahre alte LGM-30 Minuteman-Rakete. Die USA hatten einst moderne ballistische Raketen, beschlossen jedoch, sie aufzugeben. Jetzt versuchen sie, diesen Rückstand aufzuholen.
Das amerikanische Atomarsenal gleicht einem Technikmuseum. Vor einigen Jahren arbeiteten die Computer, die für die Überwachung der interkontinentalen Raketenabschussrampen verantwortlich sind, mit veralteten Datenträgern wie den 1972 entwickelten 8-Zoll-Disketten.
Obwohl diese bis Mitte 2019 schließlich durch moderne Datenträger ersetzt wurden, blieb die Bewaffnung in den unterirdischen Silos unverändert – die LGM-30G Minuteman III-Raketen. Diese Raketen wurden Anfang der 70er Jahre in Dienst gestellt und sind somit heute über 50 Jahre alt.
LGM-30G Minuteman III – 50 Jahre altes Sicherheitsfundament des Westens
Die Minuteman III ist eine dreistufige Rakete mit Festtreibstoff, die mehr als 32 Tonnen wiegt und etwas über 18 m lang ist. Sie bietet eine Reichweite von etwa 13.000 km und eine Fluggeschwindigkeit von Mach 24. Putins Behauptungen, dass nur Russland über solch schnelle Raketen verfügt, sind nicht korrekt. Der CEP, also der kreisförmige Fehler, der die Genauigkeit der Rakete bestimmt, beträgt etwa 180 m.
Da die LGM-30G Minuteman III einen nuklearen Sprengkopf mit einer Sprengkraft von bis zu 475 kt tragen kann (die auf Hiroshima abgeworfene Bombe hatte eine Kraft von etwa 16 kt), spielt die hohe Genauigkeit eine untergeordnete Rolle. Die Rakete wurde entwickelt, um Städte oder Industriezentren auf der anderen Hemisphäre zu zerstören, nicht für präzise Ziele.
Die grundlegenden technischen Daten der Minuteman-Raketen ähneln denen moderner Raketen – die meisten interkontinentalen und mittelstrecken Raketen haben ähnliche Abmessungen, Masse und Reichweite. Moderne ICBMs haben jedoch einen wesentlichen Vorteil: eine größere Fähigkeit, die Raketenabwehr zu durchdringen.
Obwohl spezifische technische Lösungen in der Regel geheim sind, kann eine höhere Durchdringungsfähigkeit der gegnerischen Verteidigung durch den Einsatz von MIRV-Sprengköpfen mit zahlreichen Sub-Sprengköpfen, Täuschungszielen, die in der Endphase des Fluges freigesetzt werden, verschiedene Ablenkungsmanöver oder die Tarnung des Raketenstarts erreicht werden.
In Betracht kommt auch die elektronische Kriegsführung, der Einsatz von Störmaßnahmen oder sogar der Versuch, Radaranlagen mit einem großen elektromagnetischen Impuls zu deaktivieren.
Die LGM-118A Peacekeeper-Rakete und atomare Züge
Das Pentagon erkannte die Schwächen der Minuteman-Raketen bereits vor Jahrzehnten. Deshalb wurde in den USA in den 70er Jahren ein Nachfolger entwickelt – die LGM-118A Peacekeeper-Rakete. Diese vierstufige Rakete wog mehr als 80 Tonnen.
Im Vergleich zur Minuteman bot der Peacekeeper eine größere Genauigkeit, die Fähigkeit, bis zu 11 Sub-Sprengköpfe zu transportieren sowie den sogenannten Kaltstart. Dabei wird die Rakete zunächst (meist mit Druckgas) auf eine Höhe von mehreren Dutzend Metern ausgeworfen und dann in der Luft das Triebwerk gezündet.
Es war geplant, den Peacekeeper nicht nur in stationären Silos, sondern auch auf mobilen Startrampen einzusetzen, die schwerer zu orten und zu zerstören sind.
Dafür wurde ein ganzes System von Eisenbahnstartrampen mit dem Namen Peacekeeper Rail Garrison entwickelt. Diese Züge, bewaffnet mit 50 Raketen, sollten im Schienennetzwerk unterwegs sein, in ständiger Bewegung bleiben oder sich in Tunneln verstecken und diese nur zum Abschuss der Raketen verlassen.
Letzten Endes wurde diese Lösung nicht umgesetzt, aber die stationäre Variante des Peacekeepers kam in den 80er Jahren in den Dienst. Sie blieb bis 2005 im Einsatz, als die USA beschlossen, alle Raketen dieses Typs zurückzuziehen und zu zerstören. Bereits Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden die Arbeiten an der leichten, interkontinentalen ballistischen Rakete für mobile Startrampen MGM-134 Midgetman eingestellt.
ICBMs mit konventionellen Sprengköpfen
Eine der Ideen zur Nutzung der ausgemusterten ICBM-Raketen – jetzt ohne Atomköpfe – war ihr Einsatz für globale, sehr schnelle Angriffe mit konventionellen Sprengköpfen. Diese Raketen, in der Lage, innerhalb einer halben Stunde jeden Winkel des Globus zu erreichen, sollten unter anderem während des sogenannten Krieges gegen den Terrorismus eingesetzt werden.
Russland stimmte dem Einsatz ballistischer Raketen in dieser Rolle damals nicht zu. Moskau argumentierte, dass der Abschuss einer Rakete – auch ohne Atomsprengkopf – als Beginn eines nuklearen Krieges interpretiert werden könnte.
Bemerkenswert ist, dass Russland am 20. November 2024 die ukrainische Stadt Dnipro mit einer Rakete angegriffen hat – wahrscheinlich der RS-26 Rubezh. Zwar wird diese Rakete als IRBM (Mittlere Reichweite) klassifiziert und hat somit eine geringere Reichweite als ICBMs, doch Russland handelte in dieser Situation entgegen dem, was es – mit Verweis auf die globale Sicherheit – ein drohender Einsatz der USA abgewendet hätte.
Die Zukunft der amerikanischen strategischen Abschreckung
Derzeit versuchen die Vereinigten Staaten, ihr strategisches Abschreckungspotential wiederherzustellen. Dazu dienen drei Schlüsselrüstungsprogramme.
Diese umfassen den Bau strategischer U-Boote der Columbia-Klasse (ehemals SSBN-X), schwer ortbare Bomber vom Typ B-21 Raider und die interkontinentale ballistische Rakete der neuen Generation, die LGM-35A Sentinel.
Die Entwicklungsarbeiten – als Ergebnis des GBSD-Programms (Ground Based Strategic Deterrent) – werden seit 2020 von der Firma Northrop Grumman durchgeführt. Der Sentinel soll konzeptionell dem Minuteman ähneln – er wird eine leichte und relativ einfache Rakete sein, ausgestattet mit einem nuklearen Sprengkopf W87 mod 1 (obwohl er technisch für den Transport von drei Sprengköpfen angepasst ist).
Wie 2022 der Kommandeur der Air Force Global Strike Command, General Anthony Cotton, sagte: "Der Sentinel wird ein hochresistentes und effektives Abschreckungsmittel sein, das uns und unseren Alliierten über viele Jahrzehnte globale Stabilität sichern wird."
Das Programm, dessen Kosten derzeit auf 160 Milliarden USD geschätzt werden, ist mindestens um zwei Jahre verzögert – es war geplant, dass die ersten Sentinels im Jahr 2029 oder 2030 in Dienst gestellt werden, um nach und nach alle Minuteman-Raketen vollständig zu ersetzen. Die LGM-35A Sentinel-Raketen sollen das Fundament der amerikanischen nuklearen Abschreckung bis zum Jahr 2070 bleiben.