Wissenschaftler finden Schlüsselregion im Gehirn für Dyslexie-Therapie
Wissenschaftler aus Deutschland haben eine Entdeckung gemacht, die den Ansatz zur Behandlung von Dyslexie grundlegend ändern könnte. Nach jahrelanger Forschung gelang es, im Gehirn den Bereich zu lokalisieren, der für Leseschwierigkeiten und Schreibprobleme bei von dieser Störung betroffenen Personen verantwortlich ist. Diese Entdeckung eröffnet neue Perspektiven für effektivere Therapiemethoden.
11.09.2024 16:37
Dyslexie, eine der häufigsten Lernstörungen, betrifft weltweit 5 bis 10 % der Bevölkerung. Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben und Zuordnen von Lauten zu Buchstaben sind charakteristische Symptome dieser Störung, die betroffene Personen ein Leben lang begleitet.
Trotz langfristiger Forschung zu diesem Problem blieben die genauen Ursachen ein Rätsel. Dank der jüngsten Entdeckungen von Wissenschaftlern aus Dresden gibt es jedoch eine reale Chance auf ein besseres Verständnis und eine bessere Behandlung der Dyslexie.
Wie "Deutsche Welle" berichtet, zeigten frühere Studien, dass Dyslexie neurologische Ursachen haben könnte, aber erst jetzt gelang es, den genauen Bereich des Gehirns zu lokalisieren, der für diese Störung verantwortlich ist.
Gehirnbereich für Dyslexie lokalisiert
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI-CBS) in Leipzig haben dank spezialisierter Magnetresonanztomographie (MRT)-Untersuchungen strukturelle Veränderungen in einem kleinen, aber Schlüsselsegment des Gehirns – dem Thalamus – entdeckt.
Der Thalamus spielt eine wesentliche Rolle bei der Verarbeitung visueller Informationen, indem er Daten von den Augen bis zur Großhirnrinde übermittelt. Er besteht aus zwei Teilen, von denen ein dynamisches Bild verarbeitet und der andere Farben. Die bei Personen mit Dyslexie entdeckten Veränderungen betreffen den Teil des Thalamus, der empfindlich auf Bewegungen reagiert. Diese Entdeckung ist besonders wichtig, da der Thalamus trotz seiner geringen Größe eine Schlüsselrolle bei visuellen Verarbeitungsprozessen spielt.
An der im Magazin "Brain" veröffentlichten Studie nahmen 25 Personen mit Dyslexie sowie 24 Personen aus der Kontrollgruppe teil. Bei den Dyslektikern wurden signifikante Unterschiede in der Funktion und Struktur des Thalamus festgestellt, was die Hypothese über die neurologischen Ursachen dieser Störung bestätigt. Diese Ergebnisse zeigten sich besonders deutlich bei Männern, was erklären könnte, warum Dyslexie bei Jungen zwei- bis dreimal häufiger auftritt als bei Mädchen.
Forscher sind optimistisch
Die Lokalisierung des für Dyslexie verantwortlichen Gehirnbereichs ist ein entscheidender Schritt, der den Ansatz zur Behandlung dieser Störung verändern könnte.
"Diese Erkenntnis ebnet den Weg für weitere Forschungsstudien, die darauf abzielen, ein umfassenderes Verständnis der der Legasthenie zugrunde liegenden Gehirnmechanismen zu erlangen" – betont Professorin für Kognitive und Klinische Neurowissenschaft an der TU Dresden, Katharina von Kriegstein, zitiert von "Deutsche Welle".
Im Kontext zukünftiger Therapien weist Dr. Christa Müller-Axt von derselben Universität auf das potenzielle Potenzial nicht invasiver Neurostimulations-Techniken hin.
"Dies könnte Möglichkeiten für nicht-invasive Neurostimulationstechniken als vielversprechende therapeutische Methode eröffnen, um die Aktivität dieser Hirnstrukturen zu modulieren und dadurch einige Legasthenie-Symptome zu lindern" – sagte Dr. Müller-Axt.
Obwohl die Wissenschaftler betonen, dass sie noch einen langen Weg vor sich haben, bevor effektive Therapien entwickelt werden können, könnte die Entdeckung des Thalamus als Schlüsselbereich im Gehirn neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnen.
"Ich denke, dass wir ein neues Ziel im Gehirn gefunden haben, das direkt mit den Leseschwierigkeiten bei Legasthenie verbunden ist" – fügt Müller-Axt hinzu.
Die Lokalisierung dieses Bereichs öffnet den Weg zu neuen therapeutischen Methoden, die in Zukunft Menschen mit Dyslexie helfen könnten.
Diese bahnbrechende Entdeckung weckt Hoffnung auf eine verbesserte Lebensqualität für Millionen von Menschen, die von dieser Störung betroffen sind. Mit dem Fortschritt der Forschung werden die Perspektiven für Menschen mit Dyslexie immer klarer, und zukünftige Therapien könnten ihr tägliches Leben verändern und Unterstützung bieten, die bislang außer Reichweite war.