Merz erwägt Taurus-Lieferung: Ukraine hofft auf neue Waffe
Der neue deutsche Kanzler, Friedrich Merz, schloss in einem Interview mit dem ZDF die Lieferung von Taurus KEPD 350 Marschflugkörpern an die Ukraine nicht aus. Im Folgenden stellen wir die Leistungsdaten dieser Waffe vor und erläutern, was sie den Ukrainern bringen könnte.
In einem Interview mit dem ZDF gab der deutsche Kanzler Friedrich Merz zu, dass die Lieferung der Taurus KEPD 350 Marschflugkörper an die Ukraine nicht ausgeschlossen ist und als eine Option in den kommenden Monaten betrachtet wird. Zudem betonte er, dass die Übergabe der Raketen mit einem mehrmonatigen Training der Ukrainer im Umgang mit dieser Technologie verbunden wäre.
Ein Konkurrent für Storm Shadow: Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Schweden
Der Taurus KEPD 350 Marschflugkörper entstand aus einer Kooperation zwischen Deutschland und Schweden, die in den 1990er Jahren begann. Diese Zusammenarbeit war ein Ergebnis der Einstellung der Entwicklung von Langstreckenwaffen mit Frankreich aus politischen Gründen in den 1980er Jahren.
Nachdem sich Deutschland aus dem gemeinsamen Programm zurückgezogen hatte, traten die Briten an Deutschlands Stelle, wodurch das Storm Shadow Projektil entwickelt wurde. Deutschland entschied sich, gemeinsam mit Schweden einen eigenen Flugkörper zu entwickeln. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist der Taurus KEPD 350, der 2005 in Dienst gestellt wurde und dessen Name für "Kinetic Energy Penetration Destroyer" steht.
Taurus KEPD 350: Ähnlich dem Storm Shadow, aber dennoch anders
Der Taurus KEPD 350 Marschflugkörper zeichnet sich durch eine Reichweite von über 500 km und seine Stealth-Technologie aus. Es handelt sich um eine Konstruktion mit einer Länge von 5 Metern und einem Gewicht von 1400 kg. Der Flugkörper wird von Flugzeugen aus abgefeuert und ist mit einem Turbofan-Motor sowie ausklappbaren Flügeln ausgestattet. Nach dem Abschuss fliegt er in niedriger Höhe und mit einer Unterschallgeschwindigkeit von etwa 0,8 bis 0,9 Mach.
Im Vergleich zu einigen anderen Systemen mag dies gering erscheinen, doch die Verbindung von Stealth-Technologie und Flug auf niedriger Höhe, oft nur wenige Dutzend Meter über dem Boden, etwa entlang von Flussbetten und in Schluchten, erschwert seine Entdeckung erheblich.
Für die Navigation in solchen Bedingungen sorgen nicht nur das Trägheitsnavigationsmodul und die Satellitennavigation, sondern auch ein optoelektronisches System mit einem Infrarotsensor der vierten Generation (IIR für Imaging Infrared). Dieser Sensor ermöglicht es, das Ziel thermisch zu erfassen und die umliegende Landschaft zu kartieren, was sowohl punktgenaue Präzision in der letzten Flugphase als auch präzise Navigation selbst bei gestörter Satellitennavigation erlaubt, sofern der Flugkörper eine aktuelle digitale Karte des Geländes gespeichert hat.
Diese Eigenschaften sind vergleichbar mit den von den Ukrainern sehr geschätzten Storm Shadow Raketen, jedoch besitzt der Taurus eine weltweit einzigartige Besonderheit: den 480 kg schweren MEPHISTO-Sprengkopf (Multi-Effect Penetrator Highly Sophisticated and Target Optimised) sowie seinen Zünder.
Der Zünder ermöglicht nicht nur die Detonation bei Aufschlag oder in der Luft, sondern auch eine zeitverzögerte Explosion, etwa nach dem Durchdringen von zwei Wänden. Er verfügt über spezielle Sensoren, die Hindernisse und Hohlräume erkennen können, was eine präzise Detonation auf einer bestimmten Ebene eines Bunkers ermöglicht. Diese Technologie ist revolutionär im Vergleich zu anderen Projektilen, bei denen die Verzögerung der Detonation manuell und basierend auf geschätzten Daten, wie etwa der Dicke von Bunkerwänden, eingestellt werden muss.
Dies verringert das Risiko falscher Verzögerungseinstellungen und erhöht die Erfolgschancen eines Angriffs auf beispielsweise Führungsstellen oder Brückeninfrastrukturen erheblich. In einem Fall überstand eine Brücke den Angriff, weil der Storm Shadow Sprengkopf nicht zum richtigen Zeitpunkt detonierte; dieses Problem hätte der Taurus hingegen nicht gehabt.