TechnikVergessene Gleise in Sibirien: Stalins brachiale "Tote Straße"

Vergessene Gleise in Sibirien: Stalins brachiale "Tote Straße"

Hunderttausende von Gefangenen aus Zwangsarbeitslagern bauten in einer der unwirtlichsten Regionen Sibiriens Eisenbahngleise. Nach Jahren blieben an diesem Ort nur verlassene Lokomotiven und alte Eisenbahnlinien zurück. Heute sind sie ein düsteres Denkmal menschlicher Tragödien und der Absurdität, die zu Zeiten von Josef Stalin dort stattfanden.

Verlassene Züge in Sibirien (Autor unbekannt/Public Domain)
Verlassene Züge in Sibirien (Autor unbekannt/Public Domain)
Bildquelle: © Lizenzgeber
Amanda Grzmiel

Die "Tote Straße" ist der heutige Name der nie vollendeten Eisenbahnlinie in einem schwer zugänglichen Teil der sibirischen Tundra, bei deren Bau Hunderttausende Gefangene ihr Leben verloren. Der Gleisbau begann im Jahr 1947, und bis zu 100.000 Gefangene aus Lagern in der gesamten UdSSR wurden zur Zwangsarbeit herangezogen. Die Arbeiten wurden jedoch nie abgeschlossen - man stößt noch immer auf unterbrochene Eisenbahnlinien und von Rost überzogene, verlassene Lokomotiven oder Waggons aus einer längst vergessenen Epoche.

"Die Arbeit unter solchen Bedingungen war unerträglich."

Diese historischen Überreste verbergen eine enorme Tragödie — Hunderttausende litten und starben bei der Umsetzung dieses Projekts. Sie wurden gezwungen, in sklavenähnlicher Arbeit unter extremen Bedingungen zu arbeiten. Im Winter litten sie unter Temperaturen von etwa -50 °C, im Sommer wurden sie von Mückenschwärmen geplagt. Es fehlte ständig an Werkzeugen und Nahrung. Sklavenarbeit, archaische Technik, Gewalt und Tyrannei sowie Tod waren ständige Begleiter dieses absurden, von Josef Stalin persönlich beauftragten Unternehmens. Selbst russische Historiker sind sich heute nicht sicher, was den sowjetischen Diktator zum Bau der Eisenbahn in dieser unbewohnten und feindseligen Region Sibiriens veranlasste.

Laut einem Bericht waren alle 5 Kilometer Arbeitslager mit jeweils 200 bis 1.000 Gefangenen verstreut. Im Laufe der Zeit zerstörten natürliche Brände viele dieser Einrichtungen. Die Berichte in alten Protokollen, Aufzeichnungen und Zeugenaussagen geben teilweise Aufschluss darüber, was die Gefangenen damals erlebten.

Dieser Bericht bedeutet natürlich nicht, dass die Arbeit an diesem Ort angenehm war. Politische Gefangene wurden oft eingeschüchtert.

Sibirien als Denkmal menschlicher Tragödie und "Eisenbahn ins Nirgendwo"

Das Konzept des Baus einer 1.263 Kilometer langen Eisenbahnstrecke bestand darin, die nördlich des Polarkreises gelegene Stadt Salechard an der Mündung des Flusses Ob mit dem quasi verlassenen Hafen in Igarka (heute leben dort weniger als 10.000 Menschen) zu verbinden. Schon damals als "Eisenbahn ins Nirgendwo" kritisiert, stellte sie ein Beispiel für den ungezügelten Ehrgeiz der sowjetischen Regierung dar. Wie die "Siberian Times" berichtete, sollte die geplante polare Eisenbahnstrecke weit über die transsibirische Route nach Norden hinausgehen.

Nach dem Tod von Josef Stalin im Jahr 1953 setzten die sowjetischen Behörden das Projekt aus, und die erzwungenen Arbeiten der Gefangenen wurden beendet. Es blieben nur noch 65 km Gleise zu verlegen, doch die Investition war nicht mehr rentabel.

Obwohl seit diesen Ereignissen viele Jahre vergangen sind, stehen die alten sowjetischen Lokomotiven immer noch in Sibirien und rosten vor sich hin, als Erinnerung an die düstere Vergangenheit. Diese Fahrzeuge, die sich aus der rauen Landschaft der Tundra erheben, sind heute ein Zeugnis politischer Fehler und der dunklen Seite der menschlichen Natur.

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