TechnikRussland setzt auf Sand und Zement: Neuer Schutz für alte Panzer

Russland setzt auf Sand und Zement: Neuer Schutz für alte Panzer

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des russischen Forschungsinstituts NII Stal zeigt, dass die russischen Streitkräfte, die mit erheblichen Ausrüstungsverlusten und einem chronischen Mangel an hochwertiger Ausrüstung konfrontiert sind, begonnen haben, mit Konstruktionen reaktiver Panzerungen (ERA) zu experimentieren. Dazu fügen sie Zement und Sand hinzu.

Russischer BMP-3 mit zusätzlichen reaktiven Panzerwürfeln (ERA) Kontakt-1 - Illustrationsfoto
Russischer BMP-3 mit zusätzlichen reaktiven Panzerwürfeln (ERA) Kontakt-1 - Illustrationsfoto
Bildquelle: © X | Rob Lee

Das Wissenschaftliche Forschungsinstitut für Stahl (NII Stal) präsentierte eine Analyse der experimentellen Tests von Panzerungen, bei denen eine Mischung aus Sand und Portlandzement verwendet wurde. Diese Mischung soll im Falle eines Treffers einen Teil der kinetischen Energie absorbieren und auch als zusätzlicher Faktor zur Streuung der Explosionsenergie dienen.

Zement und Sand in russischen Panzern

Theoretisch versuchen die Russen auf diese Weise, die Wirksamkeit der günstigsten und am leichtesten zugänglichen Formen des Fahrzeugschutzes zu verbessern – insbesondere bei massenproduzierten Modellen wie dem T-62 und T-72 sowie gepanzerten Transportern. In der Praxis jedoch können solche "Verstärkungen" nicht mit den klassischen Sprengladungen mithalten, die in modernen ERA-Modulen verwendet werden.

Sand und Zement detonieren nicht und dämpfen nur in begrenztem Maße die Wucht eines Geschosses oder von Splittern. Dies macht die gesamte Modifikation bestenfalls zu einer halbherzigen Maßnahme und schlimmstenfalls zu einer Illusion von Schutz. Der Ersatz des klassischen Equipments der ERA-Module kann daher einen Panzer oder gepanzerten Wagen zu einer tödlichen Falle für die Besatzung werden lassen. Eine solche Lösung verschlechtert nicht nur die Schutzwirksamkeit, sondern demoralisiert auch die Soldaten, da sie wissen, dass ihre Überlebenschance im Kampf mit modernen Waffen drastisch sinkt.

Besorgniserregend ist, dass solche Lösungen nicht nur Gegenstand von Laborforschung sind. Experten, die das Schlachtfeld in der Ukraine beobachten, melden, dass provisorische "Betonpanzerungen" tatsächlich auf russischen Fahrzeugen auftreten. Einige dieser Fahrzeuge sind mit Konstruktionen ausgestattet, die reaktiven Panzerungen verblüffend ähnlich sehen, aber in Wirklichkeit Attrappen oder mit Baustoffgemischen gefüllt sind.

Die gesamte Situation wirft auch ein Licht auf die Qualität der russischen Logistik und die Probleme bei der Bereitstellung moderner Komponenten. Wenn Sand und Zement fortschrittliche Verbundwerkstoffe und Sprengladungen in ERA-Panzerungen ersetzen sollen, verschlechtert dies nicht nur die Schutzwirksamkeit, sondern demoralisiert auch die Besatzungen, die wissen, dass ihre Überlebenschance im Kampf mit modernen Waffen drastisch sinkt.

NERA als Chance zur Stärkung von Panzern?

Die derzeitige Krise in den russischen Panzerstreitkräften zwingt die Ingenieure zur Entwicklung neuer Arten von nicht explosiver reaktiver Panzerung, der sogenannten NERA (Non-Explosive Reactive Armor). Diese moderne Schutzform für gepanzerte Fahrzeuge verwendet, im Gegensatz zu klassischen ERA-Panzerungen, keine Sprengladungen.

NERA funktioniert nach dem Prinzip der mechanischen Reaktion von Materialschichten auf die Aufprallkraft. Sie besteht aus einer mehrschichtigen Struktur, die meist Metallplatten und flexible Einlagen, wie Gummi, Kunststoffe oder spezielle Verbundwerkstoffe, umfasst. Wenn ein Geschoss die Panzerung trifft, wird die flexible Schicht zwischen den Stahlplatten stark zusammengedrückt und ausgedehnt. Dies führt zu einer dynamischen Bewegung der äußeren Schichten und stört die Stabilität des kumulativen Stroms oder des Penetratorkerns erheblich, wodurch dessen Durchschlagskraft stark vermindert wird.

Der Vorteil von NERA liegt vor allem in der fehlenden Explosion. Eine solche Panzerung kann auf Fahrzeugen eingesetzt werden, die in engem Kontakt mit eigenen Einheiten – Infanterie, Unterstützungsfahrzeugen oder in städtischen Umgebungen – operieren, ohne befürchten zu müssen, dass Explosionen negative Auswirkungen haben. Das erleichtert zudem Wartung und Transport, da NERA nicht als Sprengstoff klassifiziert wird.

Diese Technologie findet zunehmend Anwendung in den NATO-Streitkräften, und ihre Elemente werden unter anderem in den israelischen Panzern Merkava, modernen Varianten des Abrams sowie in europäischen Projekten wie dem Leopard 2A7 eingesetzt. Interessanterweise werden NERA-Lösungen auch in der ukrainischen Rüstungsindustrie weiterentwickelt. Dortige Ingenieure suchen basierend auf Kampferfahrungen nach wirksamen Alternativen zu klassischen ERA, die bei Treffern von Drohnen oder durch tandemkopfartige Munition versagen können.

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