Koalition in Berlin: Merz wird Kanzler, Neuanfang mit Reformen
Die christdemokratischen Parteien CDU und CSU sowie die SPD unterzeichneten am Montag in Berlin den Koalitionsvertrag, der die programmatische Grundlage der gemeinsamen Regierung bildet. Die Abstimmung über die Kandidatur des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz als Kanzler und die Vereidigung seiner Regierung ist für Dienstag geplant.
Den Vertrag unterzeichneten: im Namen der CDU Merz, im Namen der SPD beide Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken, und als Vertreter der CSU der bayerische Ministerpräsident Markus Söder.
Vor der Unterzeichnung erklärte Merz, dass die neue Regierung, falls sie vom Bundestag gewählt wird, sofort die Arbeit aufnehmen werde, um "Deutschland zum Besseren zu verändern". - Deutschland "mit Reformen und Investitionen" voranbringen - betonte er. Merz kündigte auch eine stärkere Aktivität Deutschlands auf der internationalen Bühne an, vor allem in Europa.
Esken betonte, dass eine der Hauptaufgaben der Koalition der Kampf gegen den Rechtsextremismus sein wird. -Rechtem Spuk ein Ende bereiten, sagte sie.
Die Koalitionspartner gaben zuvor der Öffentlichkeit ihre Kandidaten für die Ministerposten bekannt. Vizekanzler und Finanzminister wird der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil. Das Amt des Außenministers wird Johann Wadephul von der CDU übernehmen, und das Innenministerium wird der führende CSU-Politiker Alexander Dobrindt leiten. Verteidigungsminister bleibt der Sozialdemokrat Boris Pistorius, derzeit der beliebteste deutsche Politiker.
Die Verhandlungen der drei Parteien nach der Bundestagswahl am 23. Februar wurden Anfang April abgeschlossen. Der Vertrag wurde anschließend von allen Koalitionären akzeptiert. In einem von der SPD organisierten Online-Referendum unterstützten 84 Prozent der Teilnehmer das Abkommen. Die Hauptaufgaben des 146-seitigen Vertrags sind die Überwindung der Wirtschaftskrise und der Kampf gegen illegale Einwanderung.
Die deutsche Wirtschaft befindet sich seit drei Jahren in der Rezession. Die von der neuen Regierung angekündigten Steuererleichterungen für Unternehmer sollen zur Belebung der Wirtschaft beitragen. Die Zahl der Asylbewerber sinkt zwar, jedoch glauben viele deutsche Bürger, dass sie noch immer zu hoch ist.
Im Jahr 2024 stellten fast 230.000 Ausländer Asylanträge, 100.000 weniger als im Jahr zuvor. Ein Problem sind auch illegale Einwanderer. Deshalb kündigte die neue Regierung verschärfte Kontrollen und die Zurückweisung an der Grenze von Personen an, die keine Einreisedokumente für Deutschland haben. Die Koalitionspartner kündigten ebenfalls an, die Beziehungen zu Polen zu vertiefen und die trilaterale Zusammenarbeit im Rahmen des Weimarer Dreiecks zu beleben.
Herausforderung für die neue Regierung: die Stimmung ist am Tiefpunkt
Noch vor der formalen Bildung der Koalition brachten die drei Parteien eine Verfassungsänderung im Bundestag durch, die eine unbegrenzte Erhöhung der Verteidigungsausgaben ermöglicht sowie die Schaffung eines Spezialfonds für Infrastrukturinvestitionen in Höhe von 500 Milliarden Euro.
Die christdemokratischen Parteien gewannen die Parlamentswahlen und erhielten 28,6 Prozent der Stimmen. Die vorherige Regierung leitenden Sozialdemokraten erlitten eine bittere Niederlage und erreichten nur 16,4 Prozent, was das schlechteste Ergebnis dieser Partei in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik ist. Die Koalition CDU/CSU mit der SPD war die einzige Möglichkeit, eine mehrheitsfähige Regierung durch die Parteien der demokratischen Mitte zu bilden. Christdemokraten und Sozialdemokraten schließen eine Zusammenarbeit mit der als rechtsextrem anerkannten Alternative für Deutschland (AfD) aus, die das zweitbeste Ergebnis von 20,8 Prozent erzielte.
Der Kanzler und seine Regierung müssen sich schon zu Beginn mit pessimistischen Stimmungen in der Gesellschaft auseinandersetzen. In einer Umfrage des "Politbarometers" von ZDF bewerteten 56 Prozent der Befragten die Ernennung von Merz zum Kanzler negativ, und nur 38 Prozent unterstützten diese Entscheidung. Die Unterstützung für die die Koalition bildenden Parteien ist im Vergleich zu den Wahlergebnissen gesunken. Derzeit wollen 27 Prozent für die CDU/CSU und 15 Prozent für die SPD stimmen, was bedeutet, dass die Koalition, wenn die Wahlen am vergangenen Sonntag stattgefunden hätten, keine Mehrheit hätte.